Rostocker OB will Volkstheater halbieren
Kulturlandschaft erhalten ohne Theater
Rostock, 26. Januar 2013. Die Ostsee-Zeitung aus Rostock veröffentlicht in ihrer heutigen Ausgabe (26.1.2013) ein Gespräch mit Oberbürgermeister Roland Methling, in dem es an prominenter Stelle auch um die Zukunft des Volkstheaters in Rostock geht (die Druckversion in der OZ weicht von der Version im Internet etwas ab). Stefan Rosinski, der kaufmännische Geschäftsführer des Volkstheater, hat die Äußerungen Methlings inzwischen erläutert.
Aus Sicht des OB sollte das Volkstheater die Sparten Tanz und Musiktheater schließen und sich "auf Schauspiel und Philharmonie" konzentrieren. Um für diesen Einschnitt politische Mehrheiten zu bekommen, hofft er auf die Unterstützung der Landesregierung, die eine Fusion der Opern von Schwerin und Rostock, wenn nicht gleich beider Theater im Ganzen wünscht, die Entscheidung aber den theatertragenden Kommunen überlassen will.
Methling bemängelt, dass das Theater jeden Tag 50.000 Euro koste, alle anderen "freien Kulturträger" zusammen dagegen nur 3.000 Euro. Dabei gingen nur noch 2.000 bis 3.000 Menschen regelmäßig ins Theater. Da könne man doch nicht sagen, ohne Theater breche die Kulturlandschaft ein. Darüber müsse in der Stadtgesellschaft gesprochen werden.
Aus Methlings Sicht muss sich das Theater darauf einstellen, statt wie in 2013 ein Budget von 18,2 Millionen Euro in Zukunft nur noch 12 Millionen zur Verfügung zu haben. Auch mache es "wenig Sinn" einen Intendanten einzustellen, wenn noch nicht darüber entschieden sei, ob das Theater auch in Zukunft eigenständig bleibe oder mit einem anderen Haus fusioniert werde.
Trotzdem hält der OB, sagt er, an dem geplanten Theaterneubau für 2018 fest. Nur dürfe der nicht, wie es ein Richtungsbeschluss der Rostocker Bürgerschaft festlegt, 60 Millionen Euro kosten, das sei "nicht realistisch". Es bestünde die Möglichkeit, "dass sich alle auf ein Theater für 40 Millionen verständigen". Es gebe "Signale", dass das Land die Hälfte dazu beitrage.
Rosinski erläutert Äußerungen Methlings
Der kaufmännische Geschäftsführer des Rostocker Volkstheater, Stefan Rosinski, hat zu den Äußerungen von Oberbürgermeister Methling inzwischen Stellung genommen.
Er fürchte, dass mit Hinweis auf die "vergleichsweise überschaubare Überschuldung" der Hansestadt das Theater als "zentrales Kulturangebot der Kommune" existenziell bedroht sei. Er fürchte weiter, dass anstelle einer inhaltlichen Debatte, was das Volkstheater für die Stadt leisten solle, alleine finanzwirtschaftliche Vorgaben die Zukunft des Theaters in Rostock bestimmten.
Wenn das Gesamtbudget einschließlich der Eigeneinnahmen des Volkstheaters auf 12 Millionen Euro festgelegt würde und die Zielstellung laute, das Schauspiel und die Norddeutsche Philharmonie zu erhalten, machten die Personalkosten für dieses Orchester alleine ca. 6 Millionen oder die Hälfte des Budgets aus. Allerdings bliebe ein Orchester ohne Musiktheater in einer Stadt von der Größe Rostocks weitgehend beschäftigungslos.
Wie der Oberbürgermeister dazu komme, dass nur noch 2000, 3000 Menschen regelmässig in Rostock das Theater besuchten, bleibe unklar. Das Volkstheater verkaufe in der Saison ca. 120.000 Karten, was mit 2.000 bis 3.000 regelmäßigen Theatergängern "schwerlich zu erreichen" sei.
Die Bürgerschaft Rostocks habe im Mai 2012 ein Neubaukonzept für das Theater verabschiedet, in dem festgehalten worden sei, dass ein Theaterneubau wirtschaftlich nur dann sinnvoll sei, wenn am Theater alle Sparten – Tanz, Schauspiel, Musiktheater, Konzert – erhalten blieben. Nur dann könnten mit der entsprechenden Zahl von Vorstellungen überhaupt ausreichende Eigeneinnahmen (dh. im wesentlichen Kartenverkäufe) erzielt werden.
Die von der Bürgerschaft beschlossene Neubau-Variante für das Volkstheater rechne mit einem Finanzbedarf von ca. 60 Millionen Euro um die "Mindestinfrastruktur eines klassischen Stadttheaters" bereitzustellen. Wenn man, wie der Oberbürgermeister, die Investition um ein Drittel senke und auf 40 Millionen begrenze, müsse man, so Rosinski, mit der Infrastruktur eines Bespieltheaters vorlieb nehmen, mit einer schlechteren Bühnentechnik, mit weniger und kleineren Sälen.
Erstmals habe sich nun auch der OB "positiv über den von Minister Brodkorb eingeleiteten Prozess" geäußert, "der auf eine Fusion bzw. Teilfusion des Volkstheaters mit dem Staatstheater Schwerin" abziele. Das Landesmodell einer Staatsoper Mecklenburg sei "die logische Entsprechung" zur Weiterexistenz eines eigenen Schauspiels in Rostock; "nur eine autonome Norddeutsche Philharmonie" passe "hier (noch) nicht ins Bild".
Es sei nach den Äußerungen Methlings auch klar, dass der OB nicht wünsche, dass zum jetzigen Zeitpunkt ein neuer Intendant gesucht werde. Für das Volkstheater sei diese Unterbrechung der Intendantensuche inakzeptabel, da der amtierende Intendant bereits Ende nächster Spielzeit ausscheide.
(jnm / Ostsee-Zeitung / Ostsee-Zeitung.de)
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