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Rostock

Denk' ich an Rostock in der Nacht ...

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von Antje Jonas
erschienen am 25. Januar 2016

volkstheater-rostockDie Theaterdiskussion hat mit Beginn des Jahres wieder Fahrt aufgenommen. Doch es fehlt nach wie vor eine Lösung.

Vor über zwanzig Jahren hat die Bürgerschaft der Hansestadt Rostock einen Theaterneubau für ein Vier-Sparten-Haus beschlossen. Vor wenigen Monaten erst hat die Bürgerschaft der Hansestadt Rostock einen Standort beschlossen. Die Bürgerschaft beschließt, die Verwaltungsspitze aber will etwas anderes. So wird in Rostock seit Jahren mit viel Energie Stillstand und schlechte Stimmung produziert. Leidtragende: das Theater und sein Publikum. Das Thema Theaterneubau beherrscht die Diskussion derzeit aufs neue; wiederum ein dunkler Pinselstrich auf einem Krisengemälde, für das man inzwischen eine sehr große Leinwand brauchte.

Der Neubau eines Theaters in Rostock ist seit über zwanzig Jahren eine beschlossene Sache. Doch die Stadt kann die Kosten allein nicht aufbringen, also braucht Rostock Geld vom Land. Dieses regiert aus dem Kultusministerium heraus mit harter Hand, doch mit wenig Verstand und politischer Weitsicht. So kam unter großem, politischen Druck aus Schwerin im Februar 2015 eine Zielvereinbarung zwischen dem Land und der Bürgerschaft zustande. In diesem Vertrag knüpfte das Land seine finanziellen Zusagen für einen Neubau sowie seine Zuschüsse für das Theater an Bedingungen. Eine dieser Bedingungen: Dem Theater wird ab 2018 rund eine Million Euro von den städtischen Zuschüssen abgezogen. Der Grund: Mit dieser Summe soll das Theater den Theaterneubau refinanzieren. Ein Unding, denn der Neubau wäre Eigentum der Stadt, das Theater nur Mieter der Immobilie. Seit wann bezahlt ein Mieter bitteschön die Baukosten? Gibt es Vergleichbares? Ein Theater bezahlt einer Stadt eine Immobilie? Der Neubau kommt ohnedies definitiv nicht im Jahr 2018, sondern sicher erst vier fünf Jahre später! Selbstredend würde diese eine Million ab 2018 im Etat des Hauses sofort fehlen, das Theater müsste sich weiter kaputt sparen und müsste umstrukturiert werden. Das genau ist gewollt. Der Neubau kommt, wenn das Theater bereit ist, sich zu amputieren. Man spendiert ein Haus, wenn man das Theater endlich da hat, wo man es in seinem selbstherrlichen Amtsverständnis sehen will, auf den Knien. Hier werden Machtspiele gespielt, ganz schlechtes Theater.

So tragisch die Zustimmung der Bürgerschaft zu diesem Knebelvertrag vor einem Jahr war, so setzte glücklicherweise danach doch allmählich ein Umdenken ein. Die Folge: Am 20. Januar dieses Jahres kippte die Mehrheit für diese Zielvereinbarung. Die Bürgerschaft beschloss in der Folge, eine Refinanzierung der Baukosten durch das Theater erst zuzulassen, wenn es als Mieter in den Neubau eingezogen sein wird. Der OB warf daraufhin der Bürgerschaft vor, die Zielvereinbarung aufgekündigt, also den Vertrag mit dem Land einseitig gebrochen zu haben. Grund genug für ihn, das Ende der Neubaupläne über die Zeitung verkünden zu lassen. Keine Bereitschaft zum Gespräch, keine Verhandlung mit Schwerin, aus Schluss, vorbei. So reagiert ein Mann, der Verantwortung für die kulturelle Zukunft einer ganzen Stadt trägt.

Wenige Tage später dann wieder ein großer Artikel über Theaterneubaupläne in der Rostocker Ostsee-Zeitung! Der Leser rieb sich die Augen! Nun plötzlich hieß es, dass der Theaterneubau in einem der Rostocker Neubaugebiete realisiert werden könnte und die dort bestehende Messehalle ausgebaut werden sollte! Kein Wort mehr seitens des OB von dem Ende der Neubauträume, wo doch der Vertrag durch die missliebige Bürgerschaft gebrochen worden sei!? Diese von der CDU wohl aus wahltaktischen Gründen vorgebrachte und vor Jahren schon als unrealistisch vom Tisch genommene Idee „Theater und Stadthalle“ findet also die Anerkennung durch den Oberbürgermeister. Dahinter steckt vermutlich seine Strategie, dass nach kalkulierter Niederlage dieser unsinnigen Idee sein Vorhaben, das Theater am Wasser zu bauen, wieder auf den Tisch käme. Doch die Bürgerschaft hat einen anderen und kostengünstigeren Standort längst beschlossen! Doch Bürgerschaftsbeschlüsse haben diesen Mann noch nie wirklich interessiert. Sind die Beschlüsse nicht genehm, wird verhindert, gemauert, ausgesessen. Nebelkerzen und gezinkte Karten, so geht das in Rostock seit Jahren, wenn es um das Theater geht. Das noch druckfrische 30 Seiten umfassende sehr honorige Papier mit konzeptionellen Vorschlägen seitens des Geschäftsführers des Theaters wurde meines Wissens vom OB nicht beantwortet. Bürgerbeteiligung wird versprochen, aber nicht realisiert.

Haben Sie das alles verstanden? Nicht? Dann geht es Ihnen wie vielen Rostockern und mir, die allmählich die Geduld verlieren angesichts dieser Spielchen, in denen sich ein undemokratisches Amtsverständnis und politische Kurzsichtigkeit zeigen. Und immer ganz vorn mit dabei… die SPD in Stadt und Land.

Denk‘ ich an Rostock in der Nacht …