Der Theaterverein Gießen besucht die Gewandmeisterei und die Theaterschneiderei im eigenen Haus.
Beeindruckt waren die vielen Mitglieder des Theatervereins bei der von Ausstattungsleiter Lukas Noll geleiteten Füh-rung, unterstützt von der Herren-Gewandmeisterin Doreen Scheibe, in der Schneiderei des Stadttheaters Gießen in der Bahnhofstraße. Begrüßt wurden die Anwesenden von Kristin Schulze im Namen der Intendantin und von Helga Göbel und Joachim Brauner vom Vorstand.
Zunächst verdeutlichte Noll mittels Dias zu früheren Produktionen die Grundentscheidung, ob die Kostüme historisch oder zeitgenössisch je nach Regiekonzept sein sollen. Bei Betrachtung der Bilder kam es dann zu manchem Aha-Erlebnis, weil man sich an die Aufführung erinnerte. Circa 15 Beschäftigte sind in der Schneiderei tätig, aber wenn z.B. Kostüme mit Metall, Holz oder Plastik verstärkt werden sollen, werden andere Gewerke einbe-zogen. Der Arbeitsablauf ist eng getaktet, damit bis spätesten zur ersten Hauptprobe die Bekleidung insoweit fertig ist, damit die Darsteller/innen wissen, wie man sich darin bewegt und fühlt. Dies gilt besonders für die Schuhe, weil man auf der Bühne sicher gehen muss.
Herausfordernd ist auch, dass die Kostüme schnell wäh-rend der Vorstellung zu wechseln sind oder dass sie bei anderen Personengrößen ohne Probleme angepasst werden können, weil z.B. bei Nähten mehr Stoff zugegeben wurde.
In der Nähwerkstatt zeigte dann D. Scheibe am Beispiel des „Schwanenmantel“ für M. Dietrich in dem bald zu sehenden Stück „Spatz und Engel“, wie ausgehend von einem Nessel-Modell der extravagante Mantel mit Marabufedern in Handarbeit gefertigt wurde, um dem Original nahezukommen.
Zum Abschluss ging es noch in den Kostümfundus, wo in Reih und Glied auf mehreren Etagen eine Unmenge von Hosen, Röcken, Kleidern, Blusen, Jacken usw., teils thematisch sortiert (z.B. Uniformen, Dirndl), auf Bügeln hängen. Teilnehmer schätzten über 22000 Kleidungs-stücke, ohne Schuhe und Accessoires zu berücksichtigen.
Die Reinigung findet außer Haus statt und ein Ausbleichen der Kleidung verhindert die gleichbleibende Beleuchtung. Gegenüber früher ist jetzt auch von Vorteil, dass die Transporte quer durch die Stadt entfallen, weil man näher an den Spielstätten sei.
Mit interessanten Informationen und Eindrücken zur Theaterarbeit „hinter der Bühne“ versehen, verließen die Theaterfreunde die Schneiderei, die man nun noch besser würdigen kann.